Faserverbundwerkstoffe spielen in vielen ingenieurtechnischen Anwendungen eine immer wichtigere Rolle: im Flugzeug und Fahrzeugbau oder auch bei Windenergieanlagen sorgen sie durch ihr günstiges Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht dafür, dass Leichtbaukonstruktionen in vielen Facetten unseres Lebens zum Einsatz kommen. In der Architektur jedoch spielten sie bislang nur eine untergeordnete Rolle und zumeist auch nur in Nischenanwendungen, obwohl ihre mechanisch herausragenden Eigenschaften und filigranen Strukturprinzipien Potenziale für eine neue Art des Bauens ermöglichen.
Die Faserarten und Harzsysteme, Zuschlags- und Füllstoffe, sowie passende Beschichtungen lassen sich in großer Vielfalt kombinieren, sodass physikalische, chemische, ökologische, ökonomische und ästhetische Eigenschaften in der Entscheidungsfindung über das geeignete Materialsystem betrachtet werden können.
Für Faserverbundwerkstoffe liegen langjährige Erfahrungen aus vielen Bereichen der Technik vor. Der Schlüssel zur Verbreitung in der Architektur liegt nicht zwingend in der Optimierung des Material Systems, sondern vielmehr in der Entwicklung von geeigneten Fertigungsprozessen.
In der Architektur stehen, im Gegensatz zum Flugzeugbau, eher großformatige und robuste Bauteile mit individualisierter Geometrie im Vordergrund, welche einfach und ressourceneffizient herzustellen sind. Hierfür sind spezifische, an die speziellen Anforderungen der Architektur angepasste Fertigungsprozesse erforderlich.
Vor diesem Hintergrund entstand das robotische, kernlose Wickelverfahren, das im ICD/ITKE Forschungspavillon 2012 erstmals zur Anwendung kam und seither in unterschiedlicher Ausformung weiterentwickelt wurde.
Harzimprägnierte, nasse Faserstränge, sogenannte Endlos-Rovings, werden bei dem Verfahren frei im Raum zwischen Rahmen gespannt. Anschließend wird das Bauteil in einem Ofen getempert. Nach Aushärten des Harzes wird der Wickelrahmen entfernt, sodass eine reine Faserverbundstruktur verbleibt. Die Anzahl und Orientierung der Fasern lässt sich ohne Mehraufwand an die jeweilige statische Beanspruchung des Bauteils anpassen. Es werden genau so viele Fasern verlegt, wie sie für die Tragfähigkeit erforderlich sind.
In der jüngeren Forschung werden biobasierte Bestandteile und ökologische Komponenten im Faserverbund immer stärker Thema, was sich auch in den jüngsten Forschungsprojekten und Demonstratorbauten am ICD widerspiegelt.
Universität Stuttgart Institute for Computational Design and Construction Dipl.-Ing. Christoph Schlopschnat christoph.schlopschnat@icd.uni-stuttgart.de Tel +49 711 685 81129 icd.uni-stuttgart.de, schlopschnat.com